Partnerschaft mit Potenzial

Es soll wieder funken!

Landwirtschaft und Gastronomie sind naturgemäss eng verbunden. Früher allerdings noch viel mehr als heute. Oft waren Bauern gleichzeitig Gastgeber. Der Begriff Gasthof stammt aus dieser Zeit. Lange war es auch üblich, dass die Produzenten ihre Nahrungsmittel direkt an die Wirte lieferten. Industrialisierung und Globalisierung haben dieses vertraute Verhältnis erfolgreich konkurrenziert mit mehr Auswahl, Effizienz und Convenience. Die beiden Branchen haben sich seither zünftig entfremdet. Nebenbei sind zum Bedauern vieler Geniesser:innen ungezählte lokale Spezialitäten von den Menükarten verschwunden.

1

Vorzeigebetrieb

Es gehört zu den Zielen von Regionalvereinen wie dem Trägerverein Culinarium, dass bewährte Kreisläufe und Netzwerke auf regionaler und lokaler Ebene wieder belebt werden und sich ökonomisch lohnen. Der direkte Kontakt zwischen Landwirt und Gastwirt geniesst dabei einen hohen Stellenwert, denn wenn es funkt, hat diese Zusammenarbeit viel Potenzial: Nicht durch enorme Umsätze, aber durch ihre Aussenwirkung.

Farm to Table

In der heutigen Digitalkultur, die hungrig ist auf authentische und exklusive Erlebnisse punkten Persönlichkeiten und Betriebe, die probieren, etwas wagen und sich engagieren. Ganz besonders beim Thema Kulinarik. Für Landwirtschaftsbetriebe, die auf Direktvermarktung setzen, ist der gute Draht zu einem erfolgreichen Gastronomiebetrieb wertvolle Werbung. Im besten Fall kann daraus ein einträgliches Standbein werden.

Der internationale Trend „farm to table“ (vom Hof auf den Tisch) ist auch in der Schweiz angekommen. Die Idee dahinter: Ein Landwirtschaftsbetrieb produziert exklusiv hochwertige Lebensmittel für lokale Restaurants – oft alte oder ungewöhnliche Sorten – und bekommt dafür Abnahmegarantien und attraktive Preise.

So weit gehen die Teilnehmer der so genannten regio-wochen von Culinarium bisher nicht, aber die Stossrichtung ist dieselbe. Jeweils während drei Wochen im Frühherbst setzen Ostschweizer Gastronomiebetriebe Gerichte und komplette Menüs aus regionalen Zutaten und Spezialitäten auf ihre Karten. Manche nutzen die Gelegenheit und werten ihr Angebot auf mit Geschichten zu den Produkten und den Menschen, die dahinterstehen.

Immer auf der Suche

Einer, der das mit sichtlicher Freude so handhabt, ist Dario Marxer aus Buchs im Werdenberg. Als Gastronom setzt er konsequent auf die Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten. Schon als Bub war er fasziniert von gutem Essen, vom Kochen und vom Einkaufen. Oft begleitete er seinen Grossvater und seinen Vater, wenn sie die Landwirte in der Umgebung besuchten und dort für ihr Restaurant «die feinsten Härdöpfel und die schönsten Gemüse» ausfindig machten. Ihr Speiselokal Schneggen oberhalb Buchs erarbeitete sich seinen hervorragenden Ruf dank dieses hohen Qualitätsbewusstseins. Nach Lehrjahren in erstklassigen Häusern übernahm Dario Marxer 2013 die Geschäftsführung und entwickelte mit Weitblick einen Catering- und Lieferservice in Gourmetqualität. Bei «sich daheim» baute er zudem eine stilvolle Schauküche, wo er seither Kochkurse und kulinarische Veranstaltungen anbietet. Das neueste Projekt gemeinsam mit seiner Frau Stela ist das Grotto Fläscher Bad, das die beiden von der Winzerfamilie Hermann pachten. Von Freitag bis Sonntag wird frische Saisonküche serviert, die stark von lokalen Produkten und Spezialitäten lebt. Für jeweils zwei Wochen gibt es ein Menu mit drei bis fünf Gängen. Marxer erklärt: «Dieser Fokus ermöglicht es uns, das saisonale Angebot optimal zu nutzen. Das liegt mir am Herzen, auch wenn es nicht einfach ist. Unser Küchenchef Marcel Laversa schreibt das Menu nie zu früh, denn er will mit dem kochen, was aktuell in bester Qualität verfügbar ist.»

Zu den Lieblingslieferanten von Dario Marxer gehört die Familie Hardegger, die im Usserriet in Gams Rheintaler Ribelmaispoularden aufzieht.

Direktvermarktung als Chance erkannt

Anita und Peter Hardegger haben ihren Betrieb in den letzten Jahren bewusst diversifiziert, um weniger stark abhängig zu sein vom Milchmarkt. Sie arbeiten seit 2017 zusammen mit Robin Geisser und seiner Geflügelgourmet AG. Sein innovatives Mobilstallkonzept passt gut zu den Gegebenheiten auf ihren zwanzig Hektaren. Für Anita Hardegger und ihre Tochter Bianca ist es mittlerweile eine Herzensangelegenheit und für den Hofhund Tschabba immer wieder eine grossartige Aufregung…

Für Robin Geisser hingegen war es eine grosse Überraschung, dass die Hardeggers schon bald viel mehr Poularden ab Hof verkauften, als das geplant war. Anita Hardegger erzählt mit einem Lächeln: «Wir hatten in kurzer Zeit zweihundert Privatkunden, und es blieb nicht viel übrig für Robin. Seit wir einen zweiten Stall haben, stimmt es auch für ihn. Mittlerweile kommen wir auf zehn Masten pro Saison. Das sind etwa 25000 Poulets.»

Die langsam wachsende französische Label Rouge-Rasse Rebro braucht etwa sieben Wochen, bis sie das ideale Schlachtgewicht erreicht. Sie wird mit einer hochwertigen Getreidemischung gefüttert, deren Grundlage Rheintaler Ribelmais IGP ist. Dieser Mehraufwand wird belohnt durch ungewöhnlich aromatisches und saftiges Fleisch, das sich mühelos und mit guter Marge verkaufen lässt. Nicht zuletzt an Spitzengastronomen, die in der Schweiz bisher nicht allzuviele Quellen für hochwertiges Geflügel haben.

Neben Dario Marxer haben die Hardeggers weitere Restaurants als Kunden, die stark auf regionale Produkte setzen, beispielsweise das Bahnhöfli in Haag, das Schäfli in Gams und die Bergrestaurants lltios und Chäserrugg.

Zur Abrundung dieser Geschichte über die Kraft der Vernetzung: Robin Geisser kann bestätigen, dass Kampagnen für regionale Produkte wie die regio-wochen mehr Nachfrage erzeugen. Er sucht deshalb weiterhin nach Produzent:innen, die für ihn hochwertiges Geflügel aufziehen: von Poulets über Enten und Gänse bis zu Perlhühnern.

Daniel Luther, Trägerverein Culinarium

Weitere Beiträge

Menü